Samstag, 13. Oktober 2007

Frauen sind auch nur Männer

Von Eva-Maria Schnurr

Frauen können nicht einparken, Männer nicht zuhören. Aus solchen Thesen werden Bestseller gemacht. Die Autoren berufen sich auf die Wissenschaft. Zu Unrecht.

Vorab eine Warnung: Weiterlesen könnte Sie unglücklich machen. Jedenfalls dann, wenn Sie bisher Leuten wie Barbara und Allan Pease oder Eva Herman geglaubt haben. Das Ehepaar Pease schreibt Bücher wie Warum Männer nicht zuhören und Frauen schlecht einparken und behauptet: Frauen und Männer sind komplett unterschiedlich. Männer lernen schlecht Sprachen. Frauen können nicht räumlich denken. Männer arbeiten gern hart. Frauen gehen lieber Schuhe kaufen. Und so weiter.

Das alles sei in den Gehirnen von Geburt an felsenfest verankert, behaupten die Peases und berufen sich auf scheinbar hochwissenschaftliche Ergebnisse der Hirnforschung. Daraus leiten sie ein simples Glücksrezept ab: Frauen sollten sich erst gar nicht bemühen, Männerdomänen zu erobern – sie schaffen es ohnehin nicht. »Das Gegenteil zu behaupten ist das sicherste Rezept dafür, unglücklich, verwirrt und desillusioniert durchs Leben zu laufen.«

Eva Herman verdichtet solche Thesen zum Eva-Prinzip: Die Emanzipation sei ein »fataler Irrtum« gewesen, schreibt sie in ihrem neuen Buch, Frauen sollten die »schöpfungsgewollte Aufteilung« der Geschlechter respektieren und sich ihrer biologischen Bestimmung entsprechend verhalten. Und die amerikanische Psychiaterin Louann Brizendine landete mit ihrem Buch The Female Brain vor kurzem einen Bestseller in den USA. Ihre Botschaft lautet ebenfalls: Männer und Frauen sind zum Anderssein verdammt, weil ihre Gehirne so unterschiedlich sind.

Verkauft sich gut. Stimmt aber nicht. Die Forschungslage ist mitnichten so eindeutig, wie das Ehepaar Pease und all die anderen uns weismachen wollen. Nur wenige Unterschiede sind naturgegeben und unveränderlich. Und richtig dramatisch sind sie schon lange nicht. »Innerhalb der Geschlechter gibt es weit größere Unterschiede als zwischen den Geschlechtern«, sagt der Biopsychologe Markus Hausmann, der an der Universität Bochum über Männer und Frauen forscht. »Die Gemeinsamkeiten zwischen den Geschlechtern sind viel größer als die Differenzen.« Ist vielleicht ein Ende des Geschlechterkampfes in Sicht?

Zeit Wissen 01/2007